Rückblick auf die 44. Legislaturperiode |
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15. Kultur
91.073 |
Bundesverfassung.
Kulturförderungsartikel |
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Constitution fédérale.
Article sur l'encouragement de la culture |
Botschaft: 06.11.1991 (BBl 1992 I, 533 / FF 1992 I, 515)
Ausgangslage
Nach der Ablehnung der Eidgenössischen Kulturinitiative
und des Gegenvorschlages von Bundesrat und Parlament durch Volk und Stände im September
1986 hat der Bundesrat - gestützt auf die Abstimmungs-analysen - in Aussicht gestellt,
dem Parlament in der zweiten Hälfte der Legislatur 1987 - 1991 einen neuen Vorschlag für
einen Verfassungsartikel zur Kultur zu unterbreiten. Dieser sollte unter Berücksichtigung
des Subsidiariätsprinzips und in Wahrung der grundsätzlichen Zuständigkeit der Kantone
dem Bund Kompetenzen zur Förderung des kulturellen Lebens in der Schweiz und für die
Ermöglichung des kulturellen Austausches mit dem Ausland einräumen.
Um der Kultur in politischer Hinsicht ein ihr gebührender
Stellenwert einzuräumen, braucht die Eidgenossenschaft eine klare Grundlage für die
Kulturförderung in der Verfassung. Die ihr zugewiesenen Kompetenzen sollen grundsätzlich
subsidiärer Natur sein und ausgleichend wirken. Daneben muss aber der Bund auch über
Möglichkeiten verfügen, die kulturellen Aktivitäten der Kantone, Gemeinden und Privaten
durch eigene Vorkehren zu ergänzen, sofern ein gesamtschweizerisches Interesse an der
Erfüllung einer bestimmten Aufgabe besteht.
Mit einem Verfassungsartikel wird es auf Bundesebene
möglich sein, im Zusammenspiel mit den Partnern in den Kantonen und Gemeinden wie auch im
privaten Sektor eine zweckmässige Kulturpolitik zu entwickeln. Diese hat sich an den
existierenden Bedürfnissen zu orientieren und vom Bestehenden auszugehen.
Verhandlungen
NR |
18.03.1993 |
AB 1993, 505 |
SR |
09.06.1993 |
AB 1993, 421 |
NR / SR |
18.06.1993 |
Schlussabstimmungen (87:27 / 27:5) |
Im Nationalrat befürworteten alle grösseren
Fraktionen den Kulturartikel. Robert (G, BE) sieht in der Kultur ein Mittel gegen Angst
und Fremdenhass. Maeder (U, AR) erinnerte an die Angst der Diktatoren vor der Kultur; er
holte weit aus um nachzuzeichnen, welche entscheidenden Spuren die Kunst ins Leben
zeichnet. Leemann (S, ZH) betonte, dass Kultur kein Luxus sein darf, der Staat müsse sie
stützen, ohne sie von oben herab zu verordnen. Sandoz (L, VD) stellte einen
Nichteintretensantrag, da der Kulturförderungsartikel nichts bringe, es sei denn ein
weiteres Anwachsen von Kommissionen. Unterstützt wurde sie von der Freiheitspartei.
Bundesrat Cotti wies darauf hin, dass der Text nur festhalte, was heute schon gelte,
zusätzliche finanzielle Mittel seien keine vorgesehen. Mit 88 zu 20 Stimmen stimmte der
Nationalrat dem Kulturförderungsartikel schliesslich zu.
Im Ständerat waren eine ganze Reihe von
Ratsmitgliedern des Lobes voll für einen Neuanlauf. Sie unterstrichen die Bedeutung der
Kultur als Zugang zu immateriellen Werten. Für Kommissionspräsident Onken (S, TG) ist es
trotz schlechter Wirtschaftslage der richtige Moment für einen Kulturförderungsartikel.
Cavdini (L, NE) befürchtete, dass ein neuer Verfassungsartikel bei den nach Geld und
Mitteln rufenden Kulturschaffenden falsche Hoffnungen wecken könnte, wenn der Bund für
die Kulturförderung zuständig erklärt wird. Rüesch (R, SG) sah die Gefahr von
Bundeseingriffen in die kantonale Hohheit aufziehen. Bundesrätin Dreifuss stellte klar,
dass es hier in erster Linie darum gehe, die vom Bund bereits unterstützte Kulturpolitik
auf eine Verfassungsgrundlage zu stellen. Die Mehrheit des Rates stimmte bei einigen
Enthaltungen dem Artikel zu.
Der neue Verfassungsartikel scheiterte in der
Volksabstimmung vom 12. Juni 1994 am Ständemehr (siehe Anhang G).
Legislaturrückblick 1991-1995 - © Parlamentsdienste Bern
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